Einsatzstelle am Schwedenhaus am SamstagnachmittagAm 16. August 2002 machten sich 14 Feuerwehrkameradinnen und Kameraden aus Neu-Eichenberg, davon 8 Kameraden aus Hebenshausen, auf den Weg nach Dresden um mit weiteren Kameraden aus dem Werra-Meißner-Kreis sowie dem Roten Kreuz, bei dem Katastrophenschutzeinsatz der „Flutkatastrophe in Dresden“ an der Elbe zu helfen.

So starteten wir am frühen Vormittag des 16. August mit 50 Einsatzfahrzeugen und mit insgesamt 270 Einsatzkräften im Konvoi und eskortiert von der Polizei in Richtung Dresden. Auf der Fahrt gab es jedoch eine Änderung, wir wurden nach Dessau umgeleitet, weil „in Dessau noch etwas zu retten sei“.

Die Stadt Dessau liegt an der Elbe und an der Mulde. Besonders bedrohlich war hier die Situation, denn durch den hohen Wasserstand der Elbe am Norden der Stadt konnte auch das Wasser der Mulde und verschiedener Bäche, die östlich der Stadt zur Elbe fließen, nicht ablaufen. Es drohte der Deichbruch am Stadtteil Dessau-Waldersee.
Direkt nach der Ankunft in Dessau um 15 Uhr und einer kurzen Einsatzbesprechung wurden wir mit Bussen zum ersten Einsatzort am Deich transportiert. Der Einsatzort war am „Schwedenhaus“ von Dessau. Wir bildeten dort den Beginn einer Menschenkette und luden viele Fahrzeuge, die mit Sandsäcken vorfuhren, ab. Die Menschenkette an dieser Stelle bestand aus uns Feuerwehrkameradinnen und Kameraden, sehr vielen Bewohner der Stadt und Soldaten der Bundeswehr. Die vielen Bewohner jeden alters arbeiteten mit und bis zum Rand ihrer Kräfte. Man konnte feststellen, dass unsere Anwesenheit eine beruhigende Wirkung auf die Bewohner ausübte.
Der Einsatz am Einsatzort „Schwedenhaus“ wurde bis in die Nacht um 2 Uhr bei Regen fortgesetzt. Wir arbeiteten zu dieser Zeit bereits einen Meter unter dem Wasserspiegel des Hochwassers hinter dem Deich! Als Unterkunft in dieser Nacht diente uns die Grundschule von Dessau-Waldersee.

Viel schlafen konnten wir nicht, kurz nach Sonnenaufgang mussten wir zu unserer nächsten Einsatzstelle am nördlichen Stadtteil Waldersees.
Dort luden wir wieder Sandsäcke von Fahrzeugen und schichteten sie an den Deich. Nach einer längeren Mittagspause war unser Einsatzort wieder das „Schwedenhaus“. Dort arbeiteten wir weiter an der Erhöhung des Deiches, zusammen mit vielen Einwohner und Soldaten der Bundeswehr.
Wir erhöhten den Deich an dieser Stelle um fast einen Meter, um ein Überspülen der Deiche zu verhindern. Das Wasser stand bereits ca. einen halben Meter vor der Deichkrone. Bis tief in die Nacht und bis an den Rand der Erschöpfung arbeiteten wir an dieser Stelle des Deiches. Das Gehen auf dem Deich war bereits am Samstagnachmittag wie gehen auf Wackelpudding. Aufgrund der Drohung des Deichbruches musste unsere Unterkunft für die Nacht in das Berufsschulzentrum im Südwesten der Stadt verlegt werden. Nach einer kurzen Nacht wurden wir am Sonntagvormittag aufgrund der großen Gefährdung des Deichbruches nicht mehr am Deich eingesetzt. Der Deich am „Schwedenhaus“ hatte am Sonntagvormittag um 11:15 Uhr den Druck der Wassermassen nichts mehr entgegenzusetzen und brach auf einer Länge von 15 Metern und überflutete den Stadtteil Waldersee. Später stellte sich heraus, dass der Deich zu DDR-Zeiten zum Durchlegen einer Wasserleitung an dieser Stelle durchstoßen wurde und hier nicht wieder richtig verschlossen wurde.
Am Sonntagmittag traten wir die Heimreise an und wurden von anderen Einsatzkräften abgelöst. Leider konnten wir den Bruch des Deiches nicht verhindern, nur verzögern ...

Die Gefühle der Menschen in Waldersee und Umgebung gingen uns sehr nahe, da viele ihre Existenz verloren haben. Bei der Heimreise waren alle unzufrieden nicht mehr erreicht zu haben. Ein komisches Gefühl durchfährt einen Feuerwehrmann, wenn er eine Einsatzstelle verlässt in der noch viele Dinge unerledigt blieben.

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